Wilde Zeiten und einige ruhige, hoffentlich erholsame, Wochen liegen hinter uns. Wir hoffen ihr seid alle okay und findet einen Weg weiter zu machen (EA und Awareness sind weiterhin per Mail ereichbar). Denn weiter machen ist das was dieser Tage am wichtigsten ist. Der Staat hat versucht uns zu zerschlagen, aber wir sind nur größer und stärker geworden, wie mensch bei der Demo am 14.1.23 sehen konnten. Knüpfen wir daran also an und organisieren uns weiter, der Ort ist weg, aber der revolutionäre Geist lebt weiter!
Um diesen reolutionären Geist und unsere Erfolge und Erfahrungen die wir gelernt haben weiter zu tragen, wollen wir die Hausbesetzungen in Lützerath dokumentieren. Fokus soll dabei auf den Paulas Hof und das Haus der Unbekannten liegen. Aber auch alle anderen Häuser (4c, wilde8, WGs, Villa, Eckards Hof, Hallen) sollen ihren Platz in dieser Dokumentation finden. In welchem Format diese Dokumentaion stattfinden soll ist noch etwas unklar und dazu brauchen wir Hilfe. Ursprülich hatte wir die Idee ein Fotobuch zu erstellen, dieses zu verkaufen und im besten Fall mit etwas plus an Geld Menschen die nach Lützerath finanzielle Hilfe brauchen zu unterstützen. Dazu fehlen gerade aber Kapazitäten, sowohl was eine Finanzierung angeht, als auch human-power und auch das Wissen zum Erstellen und Druck eines Fotobuchs. Ob und wie das ganze zu einem Fotobuch werden kann ist also noch offen, es soll aber auch jeden fall für alle zur Verfügung gestellt werden. Wenn ihr uns in irgendeiner Form unterstützen wollt, sei es finanziell oder mit Wissen wo und wie gut ein Fotobuch erstellt werden kann schreibt uns gerne an.
Was suchen wir? Wir suchen hauptsächlich Fotos, auf denen keine Menschen zu sehen sind oder wenn dort Menschen zu sehen sind, sollen sie nicht zu identifieren sein, bzw. ihr okay dafür geben, dass dieses Foto veröffentlicht wird. Der Schutz vor Repressionen steht dabei an erster Stelle, so werden viele Augen am Ende drüber schauen. Wenn ihr also Fotos von den Häusern oder den anliegenden Geländen dieser habt und uns diese zur Verfügung stellen wollt freuen wir uns wenn ihr euch meldet. Schickt und gerne alles was ihr meint, was errinerungswürdig ist. Insbesonder suchen wir Fotos, die sonst nicht durch die sozialen Medien gegangen sind, schickt also eure Fotos und keine, die ihr in den sozialen Medien gefunden habt 😉 Als Begeitung zu den Fotos freuen wir uns auch über kleine schriftliche Erinerungen, sowohl gute als auch schlechte. Dabei gibt es keine Zeichenbegrenzung, haltet es aber im Rahmen. Für größere Schriften, Kritiken und Diskussionen bieten wir weiterhin unseren Blog als Plattform an.
Wie schickt ihr uns die Fotos? Wir wollen euch einen möglichst sicheren Weg bieten. Dazu haben wir uns folgendes überlegt: Nehmt mit uns Kontakt auf und wir schicken euch unseren PGP-Key. Dann ladet ihr die Fotos bei dem Upload-Dienst von disroot hoch (https://upload.disroot.org/), dort solltet ihr den Upload mit einem Passwort versehen. Den Link zu dem Upload, sowie das Passwort schickt ihr uns dann per verschlüsselter Mail. Der ganze Technikkram ist manchmal echt kompliziert, ihr könnt auch ohne PGP eine Mail schreiben, achtet dann nur bitte darauf, dass die Fotos keine Rückschlüsse auf Menschen bieten oder dem Staat Repressionen ermöglichen. Schick uns bitte auf keinen Fall die Fotos direkt per Mail, dass sprengt nicht nur unsere Kapaziäten, sondern vor allem auch die von dem solidarischen E-Mail-Kollektiv riseup. Ladet die Fotos bei disroot hoch, das ist der einfachste Weg für uns die Fotos zu spreichern. Schreibt an: hausderunbekannten[A]riseup.net (Eckige Klammer und das A durch ein @-Symbol ersetzen.)
Es gibt erstmal kein Stichtag bis zu dem Fotos geschickt werden können, wir melden uns bald mit einem Update hier, wie es weiter geht.
Resist, Revolt! – Haus der Unbekannten lebt weiter!
Black Rose Anarchist Federation spricht mit Mitgliedern der Federation of Anarchism Era, einer Organisation mit Mitgliedern sowohl im Iran als auch in Afghanistan, über den jüngsten Aufstand im Iran.
Am 13. September 2022 wurde die 22-jährige Mahsa Amini von einer iranischen Guidance Patrol (auch bekannt als „Sittenpolizei“) verhaftet. Mahsa wurde in Teheran verhaftet, weil sie sich nicht an die Bekleidungsvorschriften gehalten hatte. Drei Tage später, am 16. September, teilte die Polizei der Familie von Mahsa mit, dass sie ein „Herzversagen“ erlitten habe und zwei Tage lang ins Koma gefallen sei, bevor sie verstarb.
Augenzeugenberichte, darunter der ihres eigenen Bruders, machen deutlich, dass sie bei ihrer Festnahme brutal geschlagen wurde. Durchgesickerte medizinische Scans deuten darauf hin, dass sie eine Hirnblutung und einen Schlaganfall erlitten hatte – Verletzungen, die letztlich zu ihrem Tod führten.
In den Tagen nach Bekanntwerden dieser Details kam es in ganz Iran zu Massendemonstrationen, bei denen die Ermordung von Mahsa durch die Polizei beklagt wurde.
Um diese sich rasch verändernde Situation besser zu verstehen, haben wir ein sehr kurzes Interview mit der Federation of Anarchism Era geführt, einer Organisation mit Sektionen im Iran und in Afghanistan.
Dieses Interview wurde zwischen dem 20.9.22 und dem 23.9.22 geführt.
Schwarze Rose / Rosa Negra (BRRN): Bitte gebt zunächst eine kurze Beschreibung der Anarchistischen Föderation von Era.
Föderation des Anarchismus Era (FAE): Die Federation of Anarchism Era ist eine lokale anarchistische Föderation, die im so genannten Iran, Afghanistan und darüber hinaus aktiv ist.
Unsere Föderation basiert auf der Synthese des Anarchismus und akzeptiert alle anarchistischen Tendenzen außer nationalistischen, religiösen, kapitalistischen und pazifistischen Tendenzen. Unsere langjährige Organisationserfahrung in extrem repressiven Umgebungen wie dem Iran hat uns dazu gebracht, eine aufständische Organisationstaktik und Philosophie zu entwickeln und anzuwenden.
Wir sind eine atheistische Organisation und betrachten Religion als eine hierarchische Struktur, die älter und beständiger ist als fast alle anderen autoritären Systeme und dabei dem Kapitalismus und anderen autoritären sozialen Strukturen, die die Menschheit heute versklaven, viel zu ähnlich ist. Zum Klassenkampf gehört aus unserer Sicht auch der Kampf gegen die klerikale Klasse, die uns unserer Freiheit und Selbstbestimmung beraubt, indem sie das Heilige und Tabu definiert und mit Zwang und Gewalt durchsetzt.
BRRN: Wer war Mahsa Amini? Wann, warum und wie wurde sie getötet?
FAE: Mahsa Amini, von ihrer Familie Zhina genannt, war eine gewöhnliche 22-jährige Kurdin aus der Stadt Saghez (Saqez) in Kurdistan.
Sie reiste mit ihrer Familie nach Teheran, um Familien zu besuchen. Am 13. September wurde Mahsa in Begleitung ihres Bruders Kiaresh Amini von der Sittenpolizei oder der so genannten „Guidance Patrol“ wegen „unangemessenen Hidschabs“ verhaftet. Ihr Bruder versuchte, sich der Verhaftung zu widersetzen, aber die Polizei setzte Tränengas ein und schlug auch Kiaresh.
Viele andere verhaftete Frauen wurden Zeugen des Geschehens im Polizeiwagen. Auf dem Weg zur Polizeiwache kam es zu einem Streit zwischen den inhaftierten Frauen und den Cops. Mahsa Amini war eine der Frauen, die gegen ihre Verhaftung protestierte. Sie sagte, sie sei nicht aus Teheran und solle freigelassen werden.
Die Polizei wandte körperliche Gewalt an, um alle inhaftierten Frauen zum Schweigen zu bringen. Auch Mahsa wurde verprügelt. Augenzeugen berichteten, dass die Polizeibeamten Mahsas Kopf hart gegen die Seite des Polizeiwagens schlugen.
Sie war noch bei Bewusstsein, als sie in der Behörde für Moralische Sicherheit ankam, aber die anderen inhaftierten Frauen bemerkten, dass sie nicht gesund aussah. Die Polizei zeigte sich völlig gleichgültig und beschuldigte sie der Schauspielerei. Die Frauen protestierten weiter, um Mahsa zu helfen, die notwendige medizinische Versorgung zu erhalten. Die Proteste wurden von der Polizei mit Gewalt beantwortet. Mahsa Amini wurde von der Polizei erneut schwer geschlagen und verlor daraufhin das Bewusstsein.
Die Polizei wurde daraufhin aufmerksam und versuchte, sie wiederzubeleben, indem sie eine Brustmassage durchführten und ihre Beine hochlegte und massierten. Nachdem diese Versuche gescheitert waren, griff die Polizei andere Frauen an und konfiszierte alle Handys und Kameras, die den Vorfall aufgezeichnet haben könnten.
Nach langen Verzögerungen und der Suche nach den verlorenen Schlüsseln für den Krankenwagen wurde Mahsa ins Kasra-Krankenhaus gebracht.
Die Klinik, in die Mahsa Amini eingeliefert wurde, behauptete in einem Instagram-Post, Mahsa sei bei ihrer Einlieferung hirntot gewesen. Dieser Instagram-Post wurde später gelöscht.
Am 14. September berichtete ein Twitter-Account eines Freundes, der im Kasra-Krankenhaus arbeitet, dass die Polizei den Ärzten, Krankenschwestern und dem Personal gedroht habe, keine Fotos oder Videobeweise zu machen und die Eltern von Mahsa über die Todesursache zu belügen. Das Krankenhaus, das eingeschüchtert wurde, hat der Polizei gehorcht. Sie logen die Eltern an, dass es sich um einen „Unfall“ gehandelt habe und dass sie Mahsa zwei Tage lang an den lebenserhaltenden Maßnahmen angeschlossen hätten. Mahsa wurde am 16. September für tot erklärt. Ihre Todesursache aus den medizinischen Scans, die von Hacktivisten veröffentlicht wurden, zeigt Knochenbrüche, Blutungen und ein Hirnödem.
BRRN: Hat Mahsas Identität als Kurdin bei ihrer Verhaftung und ihrem Tod eine Rolle gespielt?
FAE: Zweifellos spielte die Tatsache, dass sie Kurdin in Teheran ist, eine Rolle bei Mahsas Tod. Aber das ist eine Realität, die alle Frauen im Iran erleben. Wir brauchen nicht lange zu suchen, um Videomaterial zu finden, das zeigt, wie die Sittenpolizei Frauen schlägt und in Polizeifahrzeuge zwingt, wie sie Frauen aus einem fahrenden Auto auf die Straße wirft und wie sie von Hijabi-Frauen wegen ihres „unpassenden Hijab“ schikaniert werden. Diese Videos zeigen nur einen winzigen Bruchteil der Hölle, die Frauen im Iran erleben.
Dass Mahsa am Tag ihrer Verhaftung mit ihrem Bruder zusammen war, war kein Zufallstreffer. In der patriarchalischen Gesellschaft des Irans sollten Frauen einen männlichen Verwandten, sei es ein Vater, Ehemann, Bruder oder Cousin, zu ihren Geschäften mitnehmen, um die Sittenpolizei abzuwehren und unliebsame Personen in der Öffentlichkeit abzuwehren. Junge Paare dürfen in der Öffentlichkeit nicht zu nahe beieinander gesehen werden, da sie sonst Gefahr laufen, von der Sittenpolizei verprügelt und verhaftet zu werden. Angehörige mussten Dokumente vorlegen, um ihre Ansprüche gegenüber der Polizei zu belegen. Die Verhaftung von Frauen wegen Lippenstiften und Nagellack war eine Realität, an die sich viele von uns Millennials im Iran lebhaft erinnern.
Ein weiterer Alptraum für Frauen im Iran ist die Bedrohung durch Säureanschläge wegen eines „schlechten Hijab“.
Patriarchat und religiöse Autokratie betreffen alle Frauen.
BRRN: Wie hat das iranische Volk von Mahsas Tod erfahren? Wie war die erste Reaktion der Bevölkerung?
FAE: Wie wir bereits erwähnt haben, gab es zu viele Augenzeugen. Keine noch so großen Drohungen hätten verhindern können, dass die Geschichte von Mahsas Tod durchsickert.
Es ist erwähnenswert, dass der Arzt, der Mahsa behandelte und der Fotojournalist, der Mahsas Zustand und die Notlage ihrer Familie dokumentierte, beide verhaftet wurden und ihr derzeitiger Status unbekannt ist.
Die erste Reaktion war Empörung. Die Menschen teilten bereits Mahsas Geschichte vom 14. September. Die Empörung war noch nicht groß genug für Proteste und Aufstände. Die Menschen dachten noch, Mahsa läge im Koma und es bestünde Hoffnung auf ihre Genesung. Dann wurde sie am 16. September für tot erklärt.
Zunächst gab es kleinere Proteste am Kasra-Krankenhaus, die von der Polizei aufgelöst wurden. Die Funken des aktuellen Aufstands wurden in Saghez, Mahsas Heimatstadt, gezündet.
BRRN: Welches Ausmaß haben die aktuellen Demonstrationen? Auf welche Gebiete des Landes konzentrieren sich die Demonstrationen?
FAE: Die Situation ist sehr dynamisch und ändert sich außergewöhnlich schnell. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels haben die Flammen des Aufstands 29 von 31 Provinzen des Irans in Brand gesteckt. Eines der Merkmale dieses Aufstands ist, dass er sich schnell auf große Städte im Iran wie Teheran, Tabriz, Isfahan, Ahvaz, Rasht und andere ausbreitet.
Qom und Mashhad, die ideologischen Hochburgen des Regimes, haben sich dem Aufstand angeschlossen. Auch die Insel Kish, das kapitalistische und kommerzielle Zentrum des Regimes, hat sich aufgelehnt. Dies ist der vielfältigste Aufstand, den wir in den letzten Jahren erlebt haben.
Für den 23. September planen die Syndikalisten einen Generalstreik zur Unterstützung der Proteste.
Das Regime hat für denselben Tag eine bewaffnete Demonstration geplant. Es ist viel los.
BRRN: Wie hat der iranische Staat auf diese Demonstrationen reagiert?
FAE: Die anfängliche Reaktion des Regimes war weniger brutal, als wir es bisher erlebt haben. Ein Grund dafür ist, dass sie unvorbereitet erwischt wurden. Sie haben nicht mit dieser starken Reaktion gerechnet. Der wichtigere Grund ist, dass Ibrahim Raisi bei der UNO ist. Das Fehlen hochrangiger Persönlichkeiten, die öffentliche Geschichte von Mahsa und die Proteste sowie der Druck auf die Regierung, die von der internationalen Gemeinschaft beobachtet wird, haben das Massaker vorerst gestoppt.
Versteht uns nicht falsch. Die Polizei hat vom ersten Tag der Proteste an viele Menschen getötet und verletzt. Unter ihnen waren auch 10-jährige Kinder und 15-jährige Jugendliche. Aber wir haben den November 2019 erlebt, als das Regime innerhalb von drei Tagen viele Tausend Menschen massakrierte.
Bei allen früheren Aufständen war die Polizei nicht direkt das Ziel des Zorns der Menschen. Diesmal nicht. Diesmal ist sie der Bösewicht und die Menschen sind auf ihr Blut aus. Das zermürbt sie physisch und psychisch, was wir als gute Nachricht werten.
Im Moment erleben Saghez und Sanandaj eine rücksichtslose Unterdrückung. Das Regime hat Panzer und schwere Militärfahrzeuge eingesetzt, um den Aufstand dort zu unterdrücken. Es gibt viele Berichte, dass mit scharfer Munition auf die Demonstranten geschossen wurde.
Die Proteste gehen weiter. Die Polizeiautos werden umgeworfen. Die Polizeistationen wurden geplündert und niedergebrannt. Wir müssen uns nur bewaffnen, indem wir ihre Waffenlager plündern. Dann treten wir in eine ganz andere Phase der Revolte ein.
BRRN: Ist es richtig, diese Demonstrationen als feministisch zu bezeichnen?
FAE: Ja, auf jeden Fall. Wie bei allen anderen Aufständen auch, gab es Entwicklungen und Bewegungen unter der Oberfläche.
Man kann sagen, dass das jüngste harte Vorgehen gegen den Hijab und die zunehmende Brutalität der Sittenpolizei eine Reaktion auf die spontane, autonome und feministische Selbstorganisation der iranischen Frauen war. Anfang dieses Jahres begannen Frauen im Iran, Personen und Geschäfte, die den Hidschab strikt durchsetzen, auf eine schwarze Liste zu setzen und zu boykottieren, z. B. Cafés. Die Bewegung war dezentralisiert und führerlos und zielte darauf ab, sichere Räume für Frauen und Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft zu schaffen.
Diese brutale Unterdrückung gipfelte in diesem Moment, in dem Frauen überall an vorderster Front stehen, ihre Kopftücher verbrennen und Polizisten ohne Hijab auf verprügeln. Der Hauptslogan des Aufstands lautet ebenfalls „Frau, Leben, Freiheit“, ein Slogan aus Rojava, einer Gesellschaft, deren Ambitionen auf einer anarchistischen, feministischen und säkularen Ideologie beruhen.
BRRN: Welche politischen Elemente (Organisationen, Parteien, Gruppen) sind an den Demonstrationen beteiligt, wenn überhaupt?
FAE: Bei jedem Aufstand versuchen viele Organisationen, Parteien und Gruppen, sich die Proteste zu eigen zu machen oder sie zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Die meisten von ihnen stießen bei diesem Aufstand auf ein unlösbares Problem.
Erstens: Die Monarchisten. Reza Pahlavi, der tote Sohn des so sehr toten früheren Schahs von Iran, eine Person, die durch gestohlenes Geld und Mediennetzwerke außerhalb Irans gestützt wird, rief inmitten der öffentlichen Empörung und der anfänglichen Proteste zu einem nationalen Trauertag auf, anstatt seine Ressourcen zur Unterstützung der Revolte einzusetzen. Die Menschen haben ihn schließlich als den Scharlatan erkannt, der er ist. „Tod den Unterdrückern, ob Schah oder Führer“, war im ganzen Iran zu hören.
Dann die MEK oder Mujahedin Kalq. Die MEK hat ein ideologisches Problem mit diesem Aufstand. Sie sind eine Sekte, deren weibliche Mitglieder gezwungen werden, rote Kopftücher zu tragen. Ihre Entstehungsgeschichte reicht von der Verbindung marxistischer und islamischer Ideologien, die vor 1979 von Marxisten-Leninisten gekapert wurden, bis hin zu einer Sekte, die heute im Dienste kapitalistischer und imperialistischer Staaten steht. Dennoch verbrennen die Frauen im Iran ihre Kopftücher und den Koran. In diesem politischen Klima haben sie kein Mitspracherecht.
Dann gibt es kommunistische Parteien, die Rojava verachten und immer schlecht über es reden. Ihre entlarvte und verrostete Klassenanalyse hilft ihnen nicht dabei, die Herzen hier zu gewinnen.
Bei all ihren Reden und ihrer Propaganda für Säkularismus und Feminismus hatten sie nicht einen einzigen Slogan, der auf die Befreiung der Frauen ausgerichtet war. Und ihre Ideologie hinderte sie daran, „Frauen, Leben, Freiheit“ zu skandieren. Sie hatten nichts zu sagen, also hielten sie den Mund. Deshalb ist ihre Präsenz bei den heutigen Protesten viel schwächer.
Die anarchistische Bewegung wächst im Iran. Dieser Aufstand, der führerlos, feministisch und antiautoritär ist und Rojava-Slogans skandiert, hat dazu geführt, dass Anarchisten, die der Föderation angehören oder nicht, eine starke Präsenz bei diesem Aufstand haben. Leider wurden auch viele verhaftet und verletzt.
Wir arbeiten daran, das antikapitalistische Potenzial dieser Bewegung zu verwirklichen. Denn die Islamische Republik ist ein Todeskult und Religion, Patriarchat, Rassismus und Kapitalismus sind ihre ideologischen Säulen. Damit wir leben können, müssen wir frei sein und das geht nicht, ohne dass die Befreiung der Frauen im Vordergrund steht.
BRRN: In Solidarität. Ich danke euch für eure Zeit.
Am 3.9.22 fand eine Demonstration von Keyenberg nach Lützerath statt, welche für den Erhalt des Dorfs Lützerath, sowie den Abbaustop von Braunkohle im rheinischen Revier protestierte.
Bevor die Demonstration startete gab es einige starke und einprägende Reden, bspw. wurde an diesem Tag viel auf das Thema Antirassismuss und Intersektionalismus gesetzt. So gab es sehr gute Reden und Musikacts von BIPoC¹.
Eine Rede ist uns aber besonders im Gedächtniss geblieben. Die Rede von Rain. Im Folgenden wollen wir diese Dokumentieren und uns alle ins Gedächtniss rufen das täglich Tausende in Gefängnissen dieser Welt sitzen und kein Teil der Rebellion sein können.
Freiheit für ALLE Gefangenen, sprengt alle Knäste!
Haus der Unbekannten am 22.9.22
Ich bin Rain. Meine Pronomen sind dey/them. Diesen Namen habe ich mir ausgesucht. Rain bedeutet Freiheit. Rain bedeutet, dass ich den Himmel sehen kann. Rain ist die Hoffnung gemeinsam etwas verändern zu können.
In meiner Rede gibt es Triggerwarnings zu: physischer und psychischer Gewalt, Gewalt gegen Kinder, Polizeigewalt und Gewalt gegen Schwarze Indigene und people of color.
Als Kind habe ich noch daran geglaubt, dass der Staat meine Rechte schützt. Ich bin in einer Familie voller Gewalt aufgewachsen. Mein Vater ist konservativ und meine Mutter ist eine Rassistin, Coronaleugnerin und Verschwörungstheoretikerin. Wenn ich also rufe „Eure Kinder werden so wie wir“, dann sehe ich mich auch als Kind derer, von denen die Gewalt ausgeht ich aber gleichzeitig für eine bessere Welt kämpfe. Alles was ich kannte war Gewalt. Schläge, Tritte, Schreie. Genau deshalb hatte ich mich so verzweifelt an meine Rechte als Kind geklammert, aber wenn du ein Kind bist, kämpft niemensch für deine Rechte. Weder Jugendamt, Polizei noch Gerichte haben mir geholfen. Ihre Antwort war: Die Heime sind voll. Ich weiß ich bin kein Einzelfall, aber alle Kinder sind damit alleine.
Wenn sie mir nicht helfen tun sie mir doch wenigstens nicht weh, oder? Leider schon und dabei scheinen sie teils sogar richtig Spaß zu haben. Am 3. August bin ich das 1. Mal in die GESA gekommen, GESA bedeutet Gefangenen Sammelstelle². Ich und andere Aktivisti aus Lützerath hatten uns RWE in den Weg gesetzt. Mit einer friedlichen Sitzblockade wollten wir verhindern, dass ein Bagger vor Lützerath, unserem gewählten Zuhause einen Erdwall errichten kann. Diese Erdwälle gemeinsam mit Schildern sollen zeigen: Hier fängt das Tagebauvorfel an. Blöd nur: Ohne Erdwall und Schildchen ist das nämlich gar nicht so klar und da könnten Menschen ganz ausversehen einen Betrieb stören, der Profit über Menschenleben stellt.
Ich und meine Bezugi wollten keiner Polizeigewalt ausgesetzt werden. Aber dann ging alles plötzlich ziemlich schnell und wir saßen mit anderen in einem Polizeikessel. – Weil wir T Shirts auf dem Kopf und Schals im Gesicht hatten. Darunter war ein minderjähriger Mensch. Nachdem wir mehrere Stunden in der prallen Sonne auf dem Feld eingekesselt saßen, brachten sie uns einem nach dem anderen weg. Sie versuchten meine Fingerabdrücke zu bekommen. Mit Schmerzgriffen an Händen, Armen und Kiefer machten sie von mir Fotos. Wir saßen stundenlang im überhitzten GESA Transporter. Die Klimaanlage funktionierte nicht und mehrere Menschen hatten Kreislaufprobleme.
Früher musste ich die Erfahrung machen, dass die Polizei mir nicht hilft ,wenn meine Rechte verletzt werden, jetzt müssen wir tagtäglich die Erfahrung machen, dass die Polizei unsere Rechte aktiv verletzt.
Mein Recht auf medizinische Versorgung wurde verletzt. Sie haben mich mit einer möglichen Gehirnerschütterung in einen GESA Transporter eingesperrt und sind gegangen. Mir war übel und schwindlig, was bei einer Gehirnerschütterung tötlich sein kann. Ich hatte Angst das mir alleine in dieser Metallzelle etwas passiert. Irgendwann gab ich es auf gegen die Türe zu treten und um Hilfe zu rufen.Während wir vor dem Polizeirevier in Erkelenz warteten, kam ein Arzt um sich meine Gehirnerschütterung anzuschauen. Er hat nur meinen Blutdruck und Sauerstoffgehalt gemessen. Statt mich zu untersuchen, wurde ich wiederholt gefragt: Und wer zahlt das? Als der Arzt mit den Polizisten darüber sprach, dass diese sicher noch meinen Namen herausfinden werden und ich dann für die Kosten aufkommen werden müsse, brach für mich eine Welt zusammen. Das Ausüben von Repressionen wird als wichtiger angesehen als mein Leben.
Unser Recht auf ein erfolgreiches Telefonat mit unserem Anwalt wurde verletzt. Ich und eine Aktivistin neben mir in der Zelle forderten mit Klingeln und Klopfen ein erfolgreiches Telefonat mit unserem Anwalt ein.
Das Recht auf Essen, Wasser und Lesematerial wurde verletzt. In diesen 7 Tagen gab es ein einzige Mal, dass ein Freund von mir versucht hatte, mit uns zu kommunizieren. Er war so weit weg, dass er minutenlang diesen ein Satz rufen musste, seine Stimme klang so verzweifelt. Ich – möchte – eine – Scheibe – Brot – haben. Während wir mit unserem Anwalt telefonieren wollten, hat er nichtmal Essen bekommen. Später hat er uns erzählt, dass sie ihm sogar das Wasser abgedreht hatten und ihm seine Sachen für eine Zeit weggenommen hatten. Dazu gehören Bücher, Briefe und der richterliche Beschluss.
Unser Recht auf korperliche Unversehrtheit wurde verletzt Die letzten Stunden waren die schlimmsten. Wir mussten eine Identitätsbehandlung über uns ergehen lassen. Also wieder Fotos und Fingerabdrücke. Sie pressten den Schlagstock auf meinen linken Unterarm und zogen daran. Mein Arm hat so wehgetan, dass ich Angst hatte sie brechen ihn mir. In meiner Verzweiflung habe ich gesagt, wenn du mir den Arm brichst, zeige ich dich an. Er hat weitergemacht. Die Polizei kann willkürlich ungerechtfertigt und unkontrolliert Gewalt ausüben. Es gibt kein Kontrollorgan für unsere Exekutive. Wenn mir der Cop den Arm bricht muss ich ihn bei der selben Institution anzeigen.
Ich hatte geglaubt der Richter würde unparteiisch sein, aber er lachte mit den Polizisten und machte für sie das Formular fertig, ohne sich selbstständig mit uns auseinanderzusetzen. Die in der Praxis nicht funktionierende Gewaltenteilung zerstörte mein Vertrauen in unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat komplett.
Nachts hörten wir stundenlang die Schreie von anderen, ich wurde 3 mal in eine videoüberachte Zelle geworfen, und beim Duschen kam ein männlicher Polizist ins Bad. Ich hörte öfters, wie sie es ausnutzten, wenn Menschen kein Deutsch sprachen. Von einer englischsprachigen Person der gesagt wurde red deutsch mit mir, bis zur Androhung einer Abschiebung.
Draußen – das heißt wir haben es geschafft? Ich bin zitternd, weinend und verprügelt rausgekommen. Dabei wollte ich stark sein, wenn ich aus dieser Türe gehe. Ein Freund kam nach mir raus. Seine Lippe war aufgeplatzt und aus seiner Nase floß Blut. Das schlimmste war, in den ersten Minuten saß er nur still, in sich gekehrt, fast schon apathisch auf einem Stuhl und hat nichts gemacht. Einfach ins Leere geschaut. Dabei ist er sonst so fröhlich, voller Energie und Tatendrang. Mit der Gewalt gegenüber mir konnte ich noch irgendwie klarkommen, aber nicht damit, dass ihm, meinen Freunden und anderen Menschen Gewalt zugefügt wird. Und das kann ich nicht stoppen.
Über 200 Menschen werden im Kampf für Klimagerechtigkeit jährlich ermordet. Das trifft vorallem MAPA – MAPA bedeutet most affected people and areas.
Während wir in der GESA waren, erschoss die Polizei einen 16-Jährigen schwarzen Jungen³, 3 weitere Menschen starben in dieser Woche durch Polizeigewalt. Diese Morde und die unzähligen Morde und rassistischen Anschläge, die von der Polizei ausgegangen und geduldet wurden – von Rostock – Lichtenhagen, Oury Jalloh in Dessau, die Anschläge in Hanau… die Liste ist so lang. Wir tragen dafür die kollektive Verantwortung. Ein Staat der schlägt, einsperrt und tötet. Jeder Polizist entscheidet sich bewusst mit der Jobwahl, diese strukturelle rassistische Institution zu unterstützen.
Die Polizei, als Exekutive schützt den Status quo. Ein kapitalistisches System, das von Ungleichheit profitiert und Menschen ausbeutet. In NRW sehen wir, dass sie um jeden Preis den Profit von RWE schützt. Echter Klimaaktivismus muss antirassistisch, antikapitalistisch und antikolonialistisch sein. Klimagerechtigkeit ist nicht verhandelbar.
Die Polizei versucht Klimaaktivist*innen zu kriminalisieren jedes Jahr kommen durch neue Polizeigesetze schwerere Repression dazu. Polizeigewalt kann jeden treffen. Auch dich. Die psychischen und physischen Auswirkungen der Polizeigewalt sind lang anhaltend und oft schwer zu ertragen. Aber sie werden uns nicht mit Repression unterkriegen. Im Gegenteil, wir schließen uns dem Kampf der most affected people and areas an. Wir sind entschlossener denn je, Lützerath zu verteidigen. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass der Staat sich für unsere Zukunft einsetzt, aber wiir können gemeinsam etwas verändern.
Ihr könnt meine Hoffnung sein, dass wir etwas verändern.
1) BIPoC steht für Black, Indigenous and People of Colour (Schwarze, Indigene und Menschen die nicht weiß sind). BIPoC erfahren täglich verschiedenste Formen von Unterdrückung, auch in der sogenenanten linken Szene(inkl. der Klimabewegung). Die häufigste Unterdrückungsform ist Rassismus, aber auch Sexismus oder Klassimus erfahren BIPoC häufiger als andere Menschen.
2) GESA, Gefangenen Sammelstelle sind oft einfache Polizeireviere. Sie können aber auch, insbesondere bei geplanten Großeinsätzen extra aufgebaute Orte sein, wie 2017 beim G20 oder 2020 im Danni. Oft sind dies dann kleine Container-Dörfer/Burgen, die stark militarisiert aufgebaut sind (Zäune, Stacheldraht, Kameras, Securitys). Dort werden Menschen ID-Behandelt, dass bedeutet es wird versucht mit allen „legalen“ Mitteln eine Person dazu zubringen ihr ID anzugeben oder diese heraus zufinden, durch Fotos von Gesicht, Tattoos oder anderen besonderen Körpermerkmalen, wie Verbrennungen oder Muttermalen. Auch wird versucht durch Gewaltanwendung Fingerabdrücke zu nehmen. Menschen die sich dagegen (passsiv) wehren sind häufig starker Repressionen und Schmerzen ausgesetzt. In besonderen Fällen kann es auch dazu kommen das Blut- oder DNA-Proben genommen werden, dazu brauch es in der Regel aber einen richterlichen Beschluss.
Posted: Juni 13th, 2022 | Author:hausderunb | Filed under:Uncategorized | No Comments »People from ZAD Rheinland will visit the ANTI-SPE-DAYS in Hambacher forrest, also feel welcome to visit us the days before and after.
As an complet vegan house occupation the house of the unknown stands in solidairty with all anti-spe struggles. Let’s burn the shit together and liberate all living beeing!
JOIN US IN THE HAMBACHER FOREST FOR A GATHERING FOR ANIMAL LIBERATION!
In the factory farms and vivisection labs, our nonhuman comrades are already fighting back. The time is ripe – let’s share skills and perspectives on how to support their resistance! By “anti-speciesism” we don’t mean online activism, vegan capitalism or cop-hugging pacifism – we’re opening a space to plot against human supremacism, and we’ve no need for bureaucratic organizations of any kind.
Many animal rights groups have become a hotbed for fascist/homophobic/cissexist/macho/white supremacist/colonialist views and behaviour. Others promote liberalism, the state or single out human activists as animal “saviours”. We want to build on two years of anti-spe days explicitly pushing against these tendencies, uncompromising in our rejection of all forms of oppression and domestication. Let’s meet each other and make some trouble!
You can find us again in the Hambacher Forest, one of Europe’s largest autonomous spaces, still squatted after almost 10 years. (It’s a forest so be ready to camp).
We want the workshops to be more horizontal this year – you can help us by proposing your own! Some ideas we have so far:
– First aid/veterinary care for other animals
– Action planning/scouting
– Hunt sabotage
– Tech workshop
– Sharing international struggles
– Anti-civilisation anarchy + anti-speciesism
– Animal liberation + chaos
– Open discussion on abolishing pets
– Graffiti skillshare
– Self-defence
– Action climbing
– Movie night
– Theater performance (!?)
– Open mike night
Pack a sleeping bag – and coffee and peanut butter if you got it! Make it here however you can and see you in July!
More workshops/other info to be announced over next while. And be in touch if we can answer questions or otherwise help.
Am 28. Mai 2022 findet in Lützerath ein Internationalistisches Jugendfestival in Zusammenarbeit mit Make Rojava Green Again statt.
Damit wir eine Alternative aufbauen können, müssen wir zusammenkommen, uns austauschen und eine gemeinsame Kultur des Widerstandes schaffen. Dazu laden wir euch herzlich ein! Es wird ein buntes Programm mit kurdischer Musik, Essen, Workshops, Ausstellungen, Kindeprogramm und vielem mehr geben.
Der Aufruf:
Kämpfe verbinden – Kapitalismus überwinden!
Ein Blick in die Nachrichten genügt um zu erkennen, dass unsere Welt am Abgrund steht. Faschistische und nationalistische Bewegungen sind vielerorts auf dem Vormarsch, Krieg beraubt Millionen Menschen ihrer Heimat und die Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen schreitet scheinbar unaufhaltsam voran. Die kapitalistische Wirtschaftsweise mit ihrem unersättlichen Streben nach Maximalprofit, hat die Menschheit und die Natur in die Katastrophe geführt und droht heute das Leben auf diesem Planeten ins Verderben zu stürzen.
Doch an allen Ecken und Enden der Welt gibt es Widerstand gegen das lebensfeindliche System. Die vergangenen Jahre erlebten einen weltweiten Aufschwung von Bewegungen , die nach neuen Auswegen aus der Krise suchen. Tag für Tag wächst auch das Bewusstsein, dass es nicht ausreicht nur die Auswüchse eines falschen Systems zu bekämpfen, sondern dass nur ein globaler Wandel, einen Ausweg aus der Katastrophe eröffnen kann. Insbesondere der Klimawandel und die ökologische Katastrophe machen mehr als deutlich, dass wir dabei keine Zeit zu verlieren haben. Dass sich im 21. Jahrhundert das Schicksal der Menschheit und dieses Planeten entscheiden wird, ist heute keine Behauptung sondern wissenschaftlich belegte Tatsache.
Der jungen Klimagerechtigkeitsbewegung ist es mit den Aktionen der vergangenen Jahre gelungen an vielen Stellen die Tagesordnung zu bestimmen und mit aktivem Widerstand der Politik der Zerstörung etwas entgegenzusetzen. Millionen Jugendliche sind weltweit auf die Straßen gezogen um für ihr Recht auf eine lebenswerte Zukunft zu kämpfen. Mit den Waldbesetzungen, Klimacamps und heute dem dörflichen Widerstand rund um Lützerath, wurden Orte des gemeinsamen Austausches, der Vernetzung und der Organisation geschaffen und auch andere Formen des Zusammenlebens praktisch auszuprobieren.
Doch klar ist auch, das reicht nicht aus und die bisherige Praxis stößt an ihre Grenzen. Die Frage nach einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive, nach einer Verbindung der Kämpfe und dem Aufbau bleibender Strukturen drängt sich auf. Wenn wir darauf warten, dass die nötige Veränderung von Oben gegeben werden wird, dann werden wir bitter enttäuscht werden. Eine andere Welt kann nur selbstbestimmt und von unten erkämpft und aufgebaut werden.
Dabei ist die Revolution von Rojava und Nord- und Ostsyrien, ein wichtiges Bezugspunkt und Hoffnungsschimmer. Seit fast 10 Jahren bauen die Menschen dort ein selbstverwaltetes Gesellschaftssystem auf und nehmen ihr Leben selbst in die Hand. Der Vorschlag des Demokratischen Konföderalismus, welcher auf Frauenbefreiung, basisdemokratischer Selbstverwaltung und einer ökologischen und bedarfsorientierten Wirtschaftsweise basiert, stellt für uns eine konkrete Antwort auf viele der dringendsten Menschheitsprobleme dar. Rojava ist der praktische Beweis dafür, dass die andere Welt von der wir Träumen, keine Utopie bleiben muss, sondern schon heute gelebte Realität werden kann.
Damit wir diese Alternative aufbauen können müssen wir zusammenkommen, uns kennenlernen, uns austauschen und eine gemeinsame Kultur des Widerstandes schaffen. Deswegen laden wir euch ein am 28. Mai mit uns nach Lützerath zu kommen und das Internationalistische Jugendfestival zu einem Moment des gemeinsamen Aufbruchs zu machen.
Kommt alle am 28. Mai 2022 nach Lützerath! Wir freuen uns auf Euch!
Ein Beitrag aus Lützerath, welchen wir auf Indymedia gefunden haben.
Die Schreibenden haben einige Stellen, auf die wir sie aufmerksam gemacht haben, nochmal korrigiert und uns gebeten den Text zu teilen. Das machen wir gerne. See you on the streets!
Hey, wir sind frustrierte und wütende Anarchist*innen aus Lützerath. Wir sind eine Gruppe mit
unterschiedlichen Positionen bezüglich Privilegien, jedoch mehrheitlich weiß und nicht cis-
geschlechtlich (*2), positioniert. Wir sind nicht von Abelismus betroffen, haben aber mit
psychischen Problemen zu kämpfen. Wir hinterfragen Diskriminierungen die wir selbst ausüben
und versuchen diese abzubauen. Wir sind solidarisch mit allen von Diskriminierungen Betorffenen.
Und wollen euch hier unsere Sicht aus und auf Lützerath, aber auch auf die ganze Klimabewegung
mitteilen…
Seit einigen Monaten leben wir hier und sind Teil des Lebens im Dorf. Wir sind in vielen Strukturen
auf dem Camp aktiv und versuchen, so gut wir können, das Leben hier mitzugestalten.
In den letzten Wochen mussten wir mit ansehen, wie RWE viel zu nah an Lützerath baggert und sie
einen neuen Wall ziehen, der versucht uns von Keyenberg abzuschneiden und die Umfriedung des
Tagesbaus zu vergrößern. All dies ist passiert, ohne dass es viel Gegenwehr gibt. Wenige
Kleingruppen waren aufgrund der Lage motiviert, dagegen vorzugehen und das weitere Baggern zu
stören. Das Dorf hat sich den Aktivitäten ungern bis gar nicht angeschlossen und lieber ohnmächtig
mit angeschaut, wie der Kreis sich immer enger zieht.
Darüber hinaus sind auch strukturelle Probleme wie Sexismus, Rassismus, Ableismus und weitere
Diskriminierungsformen in den letzten Monaten leider keine Seltenheit gewesen. Dies hat sich nach
einigen Vorfällen verbessert und das Dorf befindet sich in einem Prozess, der gerade zwar
eingefroren ist, aber an einigen Punkten Menschen schon dazu angestoßen hat, ihr eigenes
Verhalten und auch ihre Privilegien zu reflektieren und in neue Prozesse einzutauchen. Wie
beispielsweise Menschen mit „white locks“ (*3), die nach mehreren Gesprächen zu dem Schluss
gekommen sind, diese Haare in einem rassistischen System nicht vertreten zu können und sie sich
abgeschnitten haben.
Diese und andere Gründe haben uns dazu bewegt aktiv zu werden und uns bei verschiedensten
Aktionen vor Ort zu beteiligen sowie hier und da RWE zu ärgern. Unser Ziel war dabei
Raumgewinn, um uns das Dorf von RWE zurückzuholen. Das wir dabei bei weitem nicht so viel
gemacht haben wie wir uns wünschen ärgert uns sehr. Wir haben keinen Rückhalt im Dorf für
größere Aktionen in und um Lützerath gesehen.
Zustand der Klimabewegung
Seit einiger Zeit passiert nicht mehr viel Neues in der Klimabewegung. Obwohl viel Potential für
eine Massenbewegung vorhanden ist, welche tatsächlich die vorhandenen Zustände ins Wanken
bringen könnte. Aber die Bewegung scheint still zu stehen. Kohlegruben werden klein und groß
blockiert, Demonstrationen latschen begeisterungslos durch die Städte. Wer in der Lohnarbeit fest
hängt, hat bestimmt die Grünen gewählt, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten oder spendet
Geld an NGO‘s, damit diese es für sie richten.
Wir hängen auf den Klimacamps ab, wohnen in den Besetzungen, jedoch sind wir nicht mal fähig
dazu, die einfachste Reproduktionsarbeit zu leisten, ohne dass vor allem durch FLINTA* (*4) dazu
aufgefordert werden muss. Wir führen immer wieder die gleichen zähen Diskussionen, ohne dass
wir einen neuen, längeren Grundkonsens halten können. Wie beispielsweise mindestens das
Abdecken von „white locs“ oder das Grundverständnis, insbesondere von cis-Männern,
Reproduktionsarbeit oder Nachtschichten zu machen. BIPoC (*5) müssen immer wieder als
Betroffene auf rassistische Strukturen und Aussagen aufmerksam machen und sind meist die
einzigen Stimmen die das tun. Das gleiche passiert mit Ableismus oder Sexismus. Von
Antisemitismus ganz zu schweigen, dieser wird meist weder erkannt, noch behandelt. Und es liegt
nicht an den Leuten, die von Diskriminierung betroffen sind, zu uns in die Camps und Besetzungen
zu kommen, um uns dann zu erzählen, was wir als Bewegung tun können um alle Menschen zu
inkludieren. Wir, die Klimabewegung, meist weiße, privilegierte Menschen müssen Verantwortung
übernehmen, uns hinterfragen und dafür sorgen, dass marginalisierte Menschen einen Platz in
unserer Gemeinschaft finden und sich wohl fühlen können, ohne sich ständig erklären zu müssen.
Denn wie sollen wir eine bessere Welt erschaffen, wenn wir noch nicht mal fähig sind, unsere
Wünsche innerhalb unserer eigenen Strukturen umzusetzen?
In Lützerath gibt es eine starke BIPoC Community die ordentlich auf den Putz gehauen hat. Es gab
eine Antirassismus-Arbeitsgruppe, welche momentan nicht mehr vorhanden ist. Leider hat es sich
nur mit vielen Apellen sehr langsam etwas getan, beispielsweise gibt es jetzt bei jedem Camp-
Plenum einen Antirassismus-Input. Das darf aber weiterhin kein Zustand sein, auf dem wir
verharren sollten. Mittlerweile finden nur noch sehr wenige BIPoCs ihren Weg hierher (hier wollen
wir nicht FÜR BIPoCs sprechen, sondern unsere Wahrnehmung teilen, da wir teilweise Teil der
Prozesse um Rassismus und rassistische Vorfälle waren).
Die Klimabewegung ist voller Hierarchien, die wir als Anarchist*innen abschaffen wollen. Von
einfachen Wissenshierarchien zu patriarchalen, rassistischen, ableistischen, strukturellen und
persönlichen Hierarchien. Es wird versucht mit Arbeitsgruppen die vorhandene Arbeit aufzuteilen,
das gelingt auch teilweise. Dies produziert aber Hierarchien auf dem Camp und innerhalb der
Arbeitsgruppen, da es dort Menschen gibt, die dort länger oder dauerhaft aktiv sind. Wir sollten uns
hinterfragen, wie wir unser zukünftiges Leben und Zusammenarbeit gestalten. Mehr als ein kurzer
Blick nach Rojava oder Chiapas würde uns dabei bestimmt helfen.
Wir bauen uns ein Leben an einem Ort auf mit dem Wissen, dass der Staat, in Form von Cops,
früher oder später kommen wird, um es zu zerstören. Und wir schauen dabei mehr oder weniger
ohnmächtig zu. Wir lassen uns räumen, nehmen dabei hohe Repressionsrisiken auf uns. Und dabei
erzielen wir nur längeren Räumungsstress und höhere Räumungskosten. All dies sind keine
Strategien, um weder den bestehenden CO 2 -Ausstoß einzugrenzen noch sich in irgendeinernachhaltigen Weise dem Klimawandel in den Weg zu stellen. Da dies nicht dazu führt das die
Lebensbedingungen der Menschen im globalen Süden, die am meisten unter dem Klimawandel
leiden, sich verbessern.
Was wir als Aktivist*innen allerdings bei der Verfolgung dieser aktuellen Strategien erfahren, ist
mehr als schädlich: Wir erleiden körperliche und mentale Schäden, bis hin zu psychischen
Langzeitschäden. Jede Räumung wirft uns wieder zurück und wir fangen am nächsten Ort
irgendwie neu an. Dabei erreichen wir dann aber nichts Konstantes, auf das wir als Bewegung
aufbauen und anknüpfen können. Persönliche Erfahrungen allein reichen nicht, um der Bewegung
weiterzuhelfen. Wir brauchen kollektive positive Erfahrungen. Es ist schön, dass es so viele
Waldbesetzungen im deutschsprachigen Raum gibt. Was bringt es uns aber, wenn die meisten
Besetzungen nur von einigen wenigen gehalten werden und diese dabei dann ausbrennen? Wäre es
nicht schöner, wenn wir den Spieß umdrehen und wir den Staat und Kapitalismus gemeinsam zum
Brennen bekommen könnten?
Was nun?
Wie euch vielleicht aufgefallen ist, benutzen wir nicht das Wort „Gerechtigkeit“, wenn wir von der
Klimabewegung reden. Warum ist das so? Weil wir keine Gerechtigkeit in dieser Bewegung
sehen… Diskriminierungen werden weder persönlich noch kollektiv aufgearbeitet und somit auch
nicht aktiv bekämpft. Ausnahmen mag es zwar geben, diese bleiben dabei leider aber eben nur
Ausnahmen. Und kleine Erfolge sind gut und wichtig, aber eben kein kontinuierlicher Prozess als
Bewegung in eine vorausschauende Richtung. Das gleiche gilt auch für die Art der politischen
Praxis: Besetzen, geräumt werden, Repressionen erfahren. Und wieder von vorn. So werden wir
weder das „System verändern“ noch auch nur einen Wald oder Dorf halten können. Denn was soll
sich an den Handlungen von Staat und Firmen ändern, wenn einige hundert Menschen sich
irgendwo hinsetzen, um sich wegtragen zu lassen? Wir müssen aufhören, von dem Aufrechterhalten
von Blockaden zu reden und anfangen, von Verteidigung zu reden. Wir müssen aufhören, mit den
Herrschenden zu interagieren, denn sie werden weder uns noch den Planeten retten. Wir müssen die
Dinge neu denken, raus aus der Passivität kommen. Wir müssen die Herrschenden (*6) attackieren!
Anfangen müssen wir bei uns selbst, egal ob in Lützerath oder an anderen Orten. Lasst uns
herausfinden, wer wir sind, wer wir sein wollen und wo wir hin wollen. Lasst uns unsere Privilegien
hinterfragen, solidarisch, aber konsequent. Lasst uns über unsere Diskriminierungen, die wir
ausüben oder reproduzieren, sprechen und vergessen wir nicht, dabei uns selbst immer wieder zu
kritisieren und gemeinsam einen solidarischen Weg zu gehen, um alle Diskriminierungen
abzubauen. Wir wünschen uns, dass Lützerath, aber auch alle anderen Orte, einladender für alle
Menschen werden, denn der Kampf um das Klima ist wie jeder andere soziale Kampf einer, den wir
nur gemeinsam gewinnen können!
Dazu ist es notwendig, dass jeder Mensch die Möglichkeit hat, seine Träume und Wünsche (mehr)
zu kommunizieren. Auch unsere Ängste und Bedürfnisse werden uns allen helfen, für einander da
zu sein. Emotionale Runden mögen anstrengend und lang sein, trotzdem sind sie unglaublich
wichtig für unsere mentale Stabilität und damit eine Grundlage für revolutionäre Perspektiven. Es
ist wichtig, zu lernen, füreinander da zu sein. Wir werden uns stärken und festere Banden bilden, wenn wir einander kennenlernen. An vielen Punkten können schon wenige entschlossene Menschen viel in Bewegung setzen. Was passiert erst, wenn wir Dutzende, Hunderte von starken Banden vereinen?
Mit dem Ausrufen einer ‚ZAD‘ (zone à défendre, französich: zu verteidigendes Gebiet) hier in
Lützerath wurde ein guter erster Schritt gemacht. Aber mehr ist hier bis jetzt nicht passiert. Es gibt
wenig Unterschiede zu anderen Waldbesetzungen. Die Besetzung hier verteidigt gerade nämlich
ziemlich wenig, da das meiste noch in den Händen der Gerichte liegt und die Menschen hier wieder
einmal darauf hoffen, dass der Staat mal eine klimafreundliche Entscheidung trifft.
Falls es einen für uns positiven Gerichtsentscheid geben sollte, dann ist es eines dieser kleinen
Zugeständnisse, welche wir dem Staat ab und zu abringen können. Damit sollen wir befriedet
werden, damit wir nicht anfangen den ganzen Kuchen zu fordern. Aber wir wollen nicht kleine
Stückchen oder einen Kuchen sondern die ganze Bäckerei!
Lasst uns also den Staat und seine Institutionen als das betrachten was sie sind: rassistisch,
patriarchal, unterdrückend, zerstörerisch und vor allem: niemals Kooperationspartner:innen.
In Lützerath laufen die Dinge größtenteils genauso wie zuvor in anderen Besetzungen und Camps.
Es wird sich darauf vorbereitet tagelang zu warten, bis Mensch aus dem eigenen Lebensraum
geprügelt wird. Die Straßen und Strukturen sind und bleiben offen und es sind immer dieselben
wenigen Menschen, die Energie einsetzen, das Dorf darauf vorzubereiten, dass es gar nicht erst
soweit kommen muss und wir den Lauf der Dinge selbst in die Hand nehmen können. Lasst uns
dem großen, starken Begriff ‚ZAD‘ etwas Leben einhauchen und agieren wir, bevor der Staat hier
wieder seine vermeintliche Macht demonstrieren will!
Was es dazu braucht, ist eine grundlegende Veränderung unserer Strategien und Mittel.
Dazu müssen wir uns überlegen, ob es nicht endlich an der Zeit ist, die Zustände als das
wahrzunehmen was sie sind. Der Klimawandel ist zum größten Teil nicht mehr zu stoppen (siehe
readdesert.org – auch auf deutsch verfügbar). Wenn wir uns aber sehr schnell organisieren und stark
zuschlagen, könnten wir theoretisch noch „das Schlimmste“ verhindern oder wenigstens die
Zustände in der Klimakrise für alle ertragbarer machen, sodass wir ALLE überleben können und
statt uns gegenseitig das Brot zu klauen, es dem Staat klauen. Es sieht aber zur Zeit nicht danach
aus, als würde das passieren.
Es wird uns kein Staat, keine Partei oder NGO retten. Es wird kein Weltfrieden kommen, wenn wir
nur fest daran glauben. Der Kapitalismus wird nicht grün werden. Er wird weiter alles zerstören,
was ihm in den Weg kommt. Daher ist es an der Zeit, jegliche Forderungen einzustellen und für
unsere Ziele und Träume zu kämpfen, individuell, aber vor allem auch kollektiv. Es liegt an uns,
Menschen für eine bessere Welt zu begeistern, um mit neuen Gefährt*innen Kapitalismus und Staat
zu verdrängen.
Wir müssen weg kommen von dem „sich-räumen-lassen“. Wir müssen weg kommen von der
Passivität, dem ohnmächtigen Zuschauen, wie wir verprügelt und misshandelt werden und unser
Zuhause zerstört wird. Wir müssen weg kommen von dem „sich-dem-Staat-hergeben“. Wir wollen
uns emanzipieren, uns stärken, die Geschehnisse selbst in die Hand nehmen und zu unseren
Gunsten verändern. Kein Mensch sollte in die Hände der Cops fallen. Halten wir einander fest!
Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Gefährt*innen festgenommen, verprügelt und mit
Repressionen überschüttet werden. Denn das schlägt uns nur alle zurück. Uns werden dann vieleKapazitäten für Solidaritäts- und Prozessarbeit genommen. Es fehlt der Bewegung grundlegend der
Wille und die Kapazität sich offensiv zu organisieren. Das bedeutet auch, dass wir uns nicht mehr
einfach auf die Straße oder in ein Baumhaus setzen und warten bis die gewalttätigen Horden uns
aus unserem Leben reißen und uns hinter Gitter sperren. Wir müssen anfangen, uns ans Lagerfeuer
zu setzen, um Pläne zu schmieden. Lasst uns Verteidigung zukünftig offensiv gestalten, damit die
Cops gar nicht erst an unsere Strukturen drankommen. Die Freiheit ist etwas, das wir nie freiwillig
hergeben sollten, also tun wir alles, damit wir gemeinsam frei kämpfen können.
Solidarität mit allen Gefangenen, auf das es nicht mehr werden!
Der einzige Weg: Revolte!
Das bedeutet, dass wir anfangen müssen uns zu verteidigen! Eine ZAD ist nach unserem
Verständnis eine autonome Zone, in der Staat, Cops und Kapitalismus keinen Einfluss mehr auf
unser Leben und Denken haben. Und das ist das Wichtigste und Größte, was wir uns in der
Klimakrise erarbeiten können – Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit.
Daher müssen wir unsere Strategien ändern und unsere Mittel radikalisieren. Schlagen wir zurück
und gehen in die Offensive. Lasst uns dabei aber nicht übermütig werden und darauf achten, dass
wir alle gesund und ohne Repression nach Hause kommen. Jedes nach den eigenen Kapazitäten und
Fähigkeiten!
Lützerath kann ein Versuch sein, diesen Schritt zu wagen. Verlieren werden wir in diesen
kommenden Kämpfen nichts, denn die Herrschenden haben uns schon alles genommen. Und unsere
Angst, die uns bleibt, wird unser Antrieb sein, uns und alle die wir lieben zu verteidigen. Die Mittel,
die wir dafür nutzen müssen, gehen über Sabotage und Steine werfen hinaus. Werdet kreativ, lasst
euch von anderen Kämpfen auf der Welt (Hongkong, Chile, Griechenland, Frankreich, Kolumbien,
Zapatistas, Rojava) inspirieren und gebt euer Wissen und eure Erfahrung weiter.
Dabei dürfen wir aber nicht in eine Romantisierung von Militanz verfallen. Diese muss gezielt und
sinnvoll eingesetzt werden, dafür aber konsequent. Dabei ist auch noch zu sagen, dass wir Militanz
nicht als Mittel zur Profilierung sehen und diese kritisch auf toxische Männlichkeit hinterfragen
sollten. Hört auf mit Pyro auf Indymedia oder Twitter zu posieren und setzt eure Zeit lieber für
sinnvolle Aktionen ein. Unsere Besetzungen sind voller militanter Banner, aber in die Tat setzen wir
nur die wenigsten Dinge um. Lasst uns ACAT Realität machen!
Um in die Offensive zu gehen, braucht es Banden, die einander gut kennen und vertrauen, die jeden
Schritt des anderen blind vorhersagen können. „Bildet Banden!“ ist ein lästiger Spruch, den wir
immer wieder hören. Der Spruch bleibt leider oft eine leere Phrase. Aber fangen wir damit einmal
an und lernen uns kennen und lieben, dann kann uns nichts mehr aufhalten.
Um all dies zu erreichen, brauchen wir viel Achtsamkeit, für uns selbst, für unsere Freund*innen
und für alle anderen Gefährt*innen. Wir müssen unsere Grenzen herausfinden, respektieren und
diese kommunizieren. Dabei müssen wir vor allem auch die Grenzen anderer respektieren, um eine
gute Gemeinschaft aufzubauen und zu erhalten.
Also sprecht mit euren Freund*innen über eure Vorstellungen von einer besseren Welt, über
militante Verteidigung eures Zuhauses und über emotionale Probleme und Ängste. Dann werdet ihr
sehen, dass ihr nicht alleine seid und wie viel Kraft es gibt, dass ihr Menschen um euch habt, die
sich genauso fühlen wie ihr.
Unsere Liebe hält uns zusammen! Unsere Angst macht uns unverwundbar!
Und was hat das alles mit Lützi zu tun?
Mit den jetzigen Verhältnissen wird Lützerath fallen, wenn der Gerichtsprozess der Anwohnenden
negativ ausfällt, wovon wir ausgehen. Daher müssen wir anfangen, die Verhältnisse zu ändern.
Dafür braucht es aber viele Menschen in Lützerath.
Jetzt könnten wir dazu aufrufen, wie jede andere Besetzung, herzukommen. Aber warum sollten wir
das tun? Wäre es nicht viel schöner, wenn Lützerath euch magisch anziehen würde, euch eine neue
Perspektive und neue Hoffnung geben würde? Sodass, wenn ihr von Lützerath hört, dort unbedingt
hin wollt, weil ihr ein Teil von diesem Prozess sein wollt und mehr als nur einmal im Jahr am 1.
Mai etwas Revolution schnuppern wollt.
Dies wäre auf jeden Fall unser Wunsch, dass wir euch mit diesem Text eine neue Perspektive und
Hoffnung geben können, um gemeinsam etwas Neues zu erreichen und weiterzugehen.
Daher entscheidet selbst. Wollt ihr in eurer Stadt, Lohnarbeit oder wo auch immer ihr euch in der
konservativen Gesellschaft aufhaltet, bleiben? Oder wollt ihr einen neuen Weg gehen, Träume
entdecken und für diese kämpfen? Egal ob ihr nun Klimaaktivist*innen seid oder eher in anderen
Teilen der sogenannten linken Szene unterwegs seid. Lützerath kann der Ort werden, an dem in
diesem kalten Land eine Revolution startet.
Jetzt denkt ihr euch vielleicht: Revolution? Die übertreiben doch ganz schön… Dazu können wir
nur sagen: Nein tun wir nicht. Den Begriff Revolution müssen wir entromantisieren. Es wird nicht
den großen (globalen) Aufstand geben und eine unterdrückte Klasse wird die Welt zum Besseren
führen. Jeder Tag, den wir in Lützerath sind, Strukturen und Barrikaden bauen, über Strategien
reden und ganz einfach nur das Leben im Dorf durch Reproduktionsarbeit am Laufen halten, ist ein
revolutionärer Tag. Wo gibt es sonst ein besetztes Dorf, wo so viele verschiedene Kämpfe
zusammenkommen?
Aber: jeden Tag, den wir in Lützerath sind, kommt der Tag X (*7) näher und uns fallen mehr Dinge
ein, die getan werden sollten im Dorf, weil sie uns helfen würden, das Dorf zu verteidigen. Und
umso näher der Tag X kommt, umso größer wird die Last und Angst, die wir hier tragen. Hier reden
wir nicht von der Angst vor der Zerstörung durch das Kapital oder die Gewalt der Cops. Wir reden
von der Angst, wieder einen Kampf zu verlieren, wieder Gefährt*innen an die Gefängnisse oder an
psychische Belastungen zu verlieren. Lassen wir uns unsere Freund*innen nicht von uns nehmen
und passen auf einander auf!
Natürlich könnten wir Lützerath verlassen, wenn es uns hier zu anstrengend wird. Um dann
teilweise wieder zurück in die Städte zu gehen oder weiterzuziehen, in den nächsten Wald, die
nächste Besetzung. Wir könnten unsere Suche nach einem besserem Leben fortführen, um Jahr für
Jahr dieselbe Zerstörung zu erleben, bis wir daran komplett kaputt gehen. Aber das wollen wirnicht, wir wollen mit all dem brechen, was uns bis jetzt gefangen gehalten hat. Vor allem auch den
immer gleichen Problemen und Strukturen der sogenannten linken Szene. Wir wollen etwas neues,
etwas chaotisches, etwas liebevolles. Wir wollen das Alte zerstören und etwas Neues aufbauen, uns
dabei ausprobieren.
Und das ist der Punkt, an dem wir sagen, wir brauchen euch da draußen. Nicht nur als Support,
sondern als Kämpfende hier im Dorf, an unserer Seite. Damit wir diese Last und Angst gemeinsam
tragen und sie leichter wird, damit wir diesen Kampf auch mit unserer vollen Kraft führen können.
Damit Lützerath bleibt und wir anfangen Kämpfe zu gewinnen!
Verteidigt mit uns die ZAD Rheinland! – Unsere Sehnsucht nach Liebe und Freiheit können wir nur noch militant erreichen!
Bijî berxwedana Lützerath !
– Anarchist:innen aus Lützerath, 31.12.21
*1) Wir schreiben einige Begriffe unleserlich, da diese Begriffe selbst schon Trigger darstellen.
*2) cis geschlechtlich steht für Menschen, die sich mit dem, bei ihrer Geburt zugeschriebenen
Geschlecht identifizieren.
*3) „White locs“: Als „white locs“ werden verfiltzte Haare beschrieben die von weißen Menschen
getragen werden. Die Kritik als Frisur bei weißen Menschen kommt daher, dass „locs“ / „dreads“
von schwarzen Menschen als Zeichen der Befreieung von Sklaverei darstellt. „Locs“ bei weißen
Menschen stellen dadurch kulturelle Aneignung dar.
*4) FLINTA steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Menschen. Dies umfasst einen Großteil des vom Patriarchat unterdrückten und betroffenen Menschen. Diese Gruppen sind oft von toxisch (männlicher), geschlechtlich orientierteroder anderer Gewalt betroffen.
Informiert euch weiter über den umfassenden Sammelbegriff FLINTA, wir können hier keine umfassende Aufarbeitung dazu leisten. Checkt beispielweise: UNTER PLAMEN oder AS:IM…
*5) BIPoC steht für Black and Indigenous People of Colour, deutsch: Schwarze, Indigene und Menschen die nicht weiß sind und somit unter dem Rassismus der Gesellschaft leiden und an vielen Stellen, wie auch in der sogenannten linken Szene, massiv unterdrückt werden und starke Gewalt erfahren.
*6) Herrschenden sind in unsrem Verständnis Menschen die vom Kapitalismus profitieren und ihre
Macht gegenüber anderen Menschen ausüben und diese ausbeuten, sowie Politiker die nicht für
Menschen sondern für Lobby- und Privatinteressen agieren.
*7) Tag X ist der Tag an dem vorraussichtlich RWE und Cops in Lützerath anfangen wollen uns zu
räumen. Aktivist:innen sprechen dann vom Tag X. Oft ist dieser nicht genau vorherzusagen und
wird sehr kurzfristig ausgerufen.
an alle unsere Unbekannten, Wohnungslose, Gefangenen
die um ihre existenz kämpfen müssen
und trotz allem nicht aufgeben
an alle die starken und unbeugsamen
wir sind längst nicht alle, es fehlen die nicht wahrgenommenen
an alle unsere Unbekannten, Queere, Schwangere
die nicht akzeptiert werden
und ohne rechte hier leben
all das leid das ungehört bleibt
unendliche kraft den unterdrückten
an alle unsere Unbekannten, Gestorbenen, Geflüchteten
deren kampf nicht gesehen wird
und es nicht zu uns geschafft haben
die dunklen geister und die erdrückende tiefe
die auf ihnen lastet
wir sind längst nicht alle, es fehlen die uns genommen wurden
Der Winter ist zu dieser Zeit für viele Mensch besonders hart, da sie von ihrer Familie verstoßen, von der Gesellschaft ausgegrenzt, von keinen Freunden geliebt oder einfach nicht gehört und gesehen werden.
Diese Zeilen sind für euch. Ihr seid zwar nicht bei uns, aber keines Falls alleine! Liebe Gefährt*innen, ob Unbekannte oder nicht, wir vermissen euch und senden euch Kraft wo auch immer ihr seid!
Und an all die Menschen, denen es in dieser Zeit gut geht; gebt gut acht! Schenkt all den Verletzten etwas Aufmerksamkeit und Liebe, auf das ihre Herzen wieder heilen können. Nur wenn wir alle gesunde uns starke Herzen haben, schaffen wir es in dieser brutalen Welt zu bestehen.
Das Haus der Unbekannten 24.12.2021
to all of our Unknown, Homeless, Prisoners
which are fighting for their existence
never give up in spite of everything
to all the strong and unbending
we are not united, those that are unseen, are missing
to all of our Unknown, Queer, Pregnant
that are not being accepted
without their right to live here
all the sorrow that is unheard
endless strength to the suppressed
to all of our Unknown, Dead Refugees
whose fight is not seen
who never reached our shores
the dark sprits and the overwhelming depth
that weights on them
we are not united, we miss the ones that have been taken from us
For a lot of People, this time of the Year is the hardest. They have been excluded by their families, are marginalized by the society, have no loving friends, are just not being heard or seen.
This is for you. Even though you are not with us, you are not alone!
Dear Companions, whether Unknown or not, we miss you and send you strength wherever you are!
And for all the People who feel well at this time; take care! Give attention and love to the hurt ones, that their hearts may heal. Only if we all have a strong heart, can we manage to persist in this brutal world.
Als wir nach einem Namen für unser Haus gesucht haben, sind uns viele passende Namen eingefallen, wie Ella, Lina, oder Semra Ertan. Da wir uns aber nicht auf ein Thema oder einen Namen beschränken wollten, haben wir uns dazu entschieden, den Versuch zu wagen, alle zu repräsentieren.
Wir werden alle von einem kapitalistischen,kolonialistischen Herrschaftssystem mehr oder weniger, auf die eine oder andere Weise, unterdrückt.
Es geht uns um alle. Um Gefangene, Geflüchtete, Unterdrückte, Überlebende, Gefallene. Um alle Menschen, die Kämpfe führen, die nicht gesehen werden. Unser Haus soll ein Ort sein, an demdiese einen Platz finden, an dem diese Geschichten in Erinnerung bleiben.
Der Name soll ausdrücken, dass es ganz viele Individuen gibt, die wir kennen und welche die wir nie kennen lernen durften, die aber größtenteils in ihrer Form Teil eines Kampfes für eine bessere Welt sind. Ob es um das blanke Überleben geht oder darum, Gewalt und Repression des Staates durchzustehen oder gegen diese zu kämpfen. Egal unter welchen Unterdrückungsformen Individuen leiden, egal, welche Hintergründesie haben, sie sind Teil der Sehnsucht nach Freiheit.
Nicht nur die bekannten Aktivisti*innen, Gefallenen oder Gefangenen, sondern vor allem auch den unsichtbaren und vergessenen Kämpfenden wollen wir Sichtbarkeit und Anerkennung geben. Wir wissen auch, dass wir nicht alle Thematiken behandeln können und versuchen deshalb, einige wenige Menschen vorzustellen.
Das Haus soll Gedenkort sein, ein Ort an dem wir Kraft schöpfen können und uns geborgen fühlen. Ein Ort, am dem wir Zuflucht vor der Unterdrückung der konservativen Gesellschaft finden sowie neue Pläne für kommende Kämpfe schmieden und neue Perspektiven entwickeln können. Wo wir uns persönlich und als Bewegung hinterfragen und wachsen.
Dies wollen wir in unserer täglichen politischen Arbeit umsetzen. Dazu veranstalten wir jeden Sonntag ein Café vor dem Haus. Es soll jedes Mal einen anderen Schwerpunkt haben und bestimme Themen oder Individuen behandeln. In Zukunft wollen wir mit Filmen, Workshops, Skillshares und selbstkritischen Runden unsere Arbeit fortführen.
Wir laden euch dazu ein, sich an dem Café zu beteiligen und dort neue Perspektiven einzubringen, sodass wir viele Facetten von Kämpfen widerspiegeln können.
Gebt uns dazu gerne Input, auf das wir alle zusammen mehr lernen. Meldet euch gerne unter hausderunbekannten@riseup.net
Wie das zapatistische Motto uns sagt: „Für eine Welt, in der viele Welten Platz haben„. Es ist längst an der Zeiteinen revolutionären Schritt zu wagen und nicht mehr in alten Strukturen stecken zu bleiben. Wagen wir etwas neues, etwas was neue Hoffnung schafft!
Wir bleiben Aale!
Revolution in Lützerath!
Foto vom besetzten Haus in Lützerath. An den Fenstern hängen Transparente und Leute jubeln aus den Fenstern. Das Haus ist sehr bunte bemalt. / Picture from the occupied House in Lützerath. There are transparents at the windows and people are jelling at the Windows. The ist painted very colorfull.
The House of the Unknown
Looking for a name for our house, we came up with a lot of suitable names, like Ella, Lina or Semra Ertan. But as we did not want to limit ourselves on one topic or one name, we decided to try to represent all of them.
All of us are – more or less, in one way or in another – suppressed by a capitalistic and colonial system.
We care about all of them. About prisoners, refugees, the oppressed, the survivors, the fallen. About all those people, fighting battles that remain unseen. And we want our house to be a place where their stories are remembered.
Its name should express that there a lot of individuals, who we know and who we never got to know, though they are also a part of the fight for a better world. And whether they are fighting for survival or try to endure repression and violence by the state, and no matter what kind of backgrounds they have, their struggle is always a longing for freedom.
We not only want to worship well known activists, prisoners and the fallen, we also want to give appreciation and acknowledgment to invisible and forgotten fighters. We know that we cannot cover all topics but will nevertheless try to indroduce a few unrecognised fighters that we would like to bring to peoples attention.
Our house should be a memorial and a place where we find safety and strength. A location that protects us from the suppression of conservative society, a shelter where we make plans for upcoming fights and develop new perspectives. Where we question ourselves and where we grow as a movement.
We want to realize these thoughts in our daily political work. Therefore we organize every sunday a cafe in front of the house which should deal with different individuals and topics every time. We want to continue our work with films, workshops, skillshares and self critical discussions.
We invite everybody to take part in the cafe and to bring in new perspectives so we can reflect together on many facets of resistence and activism. You are warmly invited to give us some input, so that all of us can learn together. Therefore feel free to contact us via hausderunbekannten@riseup.net.
According to the motto of the Zapatistas: For a world in which many worlds find space.
It is time to dare a revolutionary step and free ourselves from old structures. Let´s dare something new, something that creates new hope.